Kapitalanlagerecht
Lehman-Brothers-Pleite
Kanzlei Lustig prüft Schadensersatzansprüche gegen Kreditinstitute
Die Lehman Brothers Inc. ist bzw. war eine amerikanische Investmentbank mit Hauptsitz in New York und beschäftigte im Jahre 2007 noch ca. 28.000 Personen. Am 15.09.2008 stellte das Kreditinstitut Gläubigerschutzantrag und befindet sich nunmehr in der Insolvenz. Die Pleite der amerikanischen Investmentbank führte bei tausenden von Anlegern in Deutschland zu erheblichen Verlusten. Insbesondere diejnigen Anleger, die direkt von Lehman Brothers ermittelte Anleihen und Zertifikate erworben haben, müssen damit rechnen, mit ihrer Anlage einen Totalverlust zu erleiden. Aber auch die anderen Anleger, denen von unabhängigen Anlage- oder Bankberatern eine Anlage in Anleihen oder Zertifikaten empfohlen wurde, deren Wertentwicklung von derjenigen von Lehman-Wertpapieren abhängig war, droht nunmehr ein Totalverlust. Insbesondere sei hier exemplarisch auf die von der Commerzbank AG und DZ Bank AG vertriebenen Colibri- und Cobold-Anleihen zu nennen. Auch die Dresdner Bank hat noch unmittelbar vor dem Gläubigerschutzantrag im August 2008 Lehman-Zertifikate an ihre Kunden als Privatanleger vermittelt. Bedauerlicherweise wurden die Privatanleger bei der Vermittlung von Zertifikaten keineswegs auf einen möglicherweise entstehenden Totalverlust des Emittenten hingewiesen.
Anleger, die jedoch mit solchen Zertifikaten oder Anleihen nunmehr Verluste erwirtschaftet haben, sollten prüfen lassen, ob Haftungsansprüche gegen die beratende Bank bzw. aufgrund einer fehlerhaften Anlageberatung geltend gemacht werden können.
Des weiteren werden Kleinanleger bei ihren Investitionsentscheidungen in Wertpapieren oft überhaupt nicht über die Risiken informiert oder es liegt bei dem Kundengespräch der einzelne Sachbearbeiter der Kreditinstitute keine anlage- oder objektgerechte Beratung vor. Feststellen konnte der Kanzleiinhaber auch, dass der Bankkunde im Beratungsgespräch vor einer Anlageentscheidung über Provisionsabreden zwischen der Bank und Emittenten für den Verkauf der Wertpapiere nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Mittlerweile liegen hinsichtlich der oben dargestellten beiden Problemkreise zwei interessante Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vor, die die Interessen der Bankkunden bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche stärken.
Grundlegend für Inhalt und Umfang der Beratungspflichten ist die "Bond"-Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1993. Diese sieht umfassende Beratungspflichten im Hinblick auf alle Umstände vor, die für den Kunden und dessen Anlageentscheidung von Bedeutung sind. Hiernach sind bei der Beratung zwei Gesichtpunkte zu beachten, nämlich zum einen die Umstände des individuellen Anlegers (pesonenbezogene d. h. "anlagegerechte" Beratung) und zum anderen die Unstände des konkret empfohlenen Anlageobjektes (sachbezogene, d. h. objektgerechte oder anlagegerechte Beratung).
Hinsichtlich der anlagegerechten Beratung sind der Wissensstand des Anlegers über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art sowie dessen Risikobereitschaft zu berücksichtigen. Entscheidend sind vor allem die Erfahrungen, das einschlägige Fachwissen und das Anlageziel des Anlegers. Durch entsprechende Informationen soll der Anleger ein Risikobewußtsein entwickeln. Die empfohlene Anlage muß die Anlageziele des Kunden berücksichtigen und auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein, eben "anlagegerecht" sein.
Hinsichtlich der objektgerechten Beratung muß sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des in Frage kommenden Anlageobjektes beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben bzw. haben können. Dabei ist zwischen allgemeinem Risiko, Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes und speziellen d. h. anlageobjektbezogenen Risiken wie Totalverlust bei dem Emittenten zu unterscheiden. Hierzu gehört insbesondere nicht nur der Hinweis auf einen Totalverlust bei der Anlage in ein Zertifikat, sondern auch der Hinweis auf die entsprechende Wirtschaftslage des Emittenten.
Um dieser Hinweispflicht Genüge zu tun, muß die Bank beispielsweise hinsichtlich der von ihr empfohlenen Papiere die einschlägige Wirtschaftspresse verfolgen und sich auf diesem Wege über die Beurteilung des Risikos wesentliche Umstände und Eigenschaften des Emittenten unterrichten. Der Kunde ist über alle Umstände zu unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind.
Zusammenfassend ist also der Kunde über die Risiken des Marktes allgemein, die Risiken der Anlageform und schließlich die Risiken des konkret ins Auge gefassten Anlageobjektes aufzuklären. Mit Blick auf die hier interessierende Fragestellung der Beratung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten ist der Kunde hiernach zum einen darauf hinzuweisen, dass das Zertifikat generell von der Bonität des Emittenten abhängt, ferner auch aufzuklären über eine gegebenenfalls schlechte Bonität des Emittenten sowie über spezielle Risiken eines Totalverlustes.
Nach der "Kick-Back-Entscheidung" des BGH vom 19.12.2006 muß jeder Bankkunde im Beratungsgespräch vor einer Anlageentscheidung über das Bestehen von Provisionsabreden zwischen Bank und Emittent für den Verkauf der Papiere aufgeklärt werden. Die Aufklärung muß dabei konkret auf den Einzelfall abstellen und die Provison der Höhe nach nennen,, weil nur so der Anleger absehen kann, welches Eigentinteresse die Bank an der Empfehlung des Produktes hat. Der Leitsatz lautet wie folgt:
"Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Aufgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muß sie den Kunden über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob die Anlageempfehlung allein dem Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst hohe Vergütungen zu erhalten."